Das Abenteuer im Feybachtal
Im kleinen Dorf Weyer am Rande des Feybachtals lebten die Geschwister Lea und Tim. Eines sonnigen Herbsttages beschlossen sie, das geheimnisvolle Tal zu erkunden, von dem die alten Leute im Dorf so oft erzählten. „Seid leise und achtet auf die Natur,“ warnte ihre Großmutter. „Vielleicht trefft ihr die Juffer Fey, die gute Fee des Tals.“
Neugierig machten sich Lea und Tim auf den Weg. Bald erreichten sie den plätschernden Feybach, der von bunten Herbstblättern umrahmt war. „Das sieht aus wie ein Märchenwald,“ flüsterte Lea, und Tim nickte.
Der magische Hase - Plötzlich raschelte es im Gebüsch, und ein flauschiger Hase sprang heraus. „Wo wollt ihr hin?“ fragte der Hase mit einer sanften Stimme. Lea und Tim staunten, denn sie hatten noch nie einen sprechenden Hasen gesehen. „Wir wollen das Tal erkunden,“ erklärte Tim mutig.
Der Hase wackelte mit der Nase. „Dann folgt mir, aber seid still. Die Juffer Fey mag keinen Lärm.“
Das Fest der Feen - Der Hase führte sie zu einer kleinen Lichtung, wo ein glitzernder Bach aus einer Quelle sprudelte. Dort sahen Lea und Tim etwas Unglaubliches: Feen in schimmernden Kleidern tanzten zwischen den Bäumen. Es war das Herbstfest der Feen! Die Kinder wollten näher heranschleichen, doch der Hase hielt sie zurück. „Heute dürfen die Menschen die Feen nur aus der Ferne beobachten. Dies ist das große Fest der Juffer Fey, immer wenn im Herbst die ersten Blätter fallen, feiert sie hier mit Ihren sieben Töchtern.“
Die Strafe des Waldes - Plötzlich hörten sie lautes Gelächter. Zwei Jungen aus dem Dorf rannten lärmend durch den Wald und warfen Steine auf die Bäume. „Das wird Ärger geben,“ murmelte der Hase. Und tatsächlich, ein Stein prallte von einem Baum zurück und traf einen der Jungen an der Stirn. Der andere Junge stolperte in einen Brombeerstrauch und schrie vor Schreck. „Die Juffer Fey duldet keinen Respektlosen,“ erklärte der Hase.
Das Geschenk der Fee - Lea und Tim kehrten still zum Bach zurück. Dort stand plötzlich eine hohe Frau mit langen, silbernen Haaren. Es war Juffer Fey! Sie lächelte freundlich. „Ihr beiden habt die Natur mit Respekt behandelt und seid leise geblieben. Dafür möchte ich euch etwas schenken.“
Mit einer Handbewegung zauberte sie zwei kleine Eichel-Anhänger, die golden glänzten. „Diese Anhänger werden euch immer an die Schönheit der Natur erinnern,“ sagte sie.
Das Geheimnis bewahren - Auf dem Heimweg bewunderten Lea und Tim ihre magischen Geschenke. „Wir müssen Oma davon erzählen!“ rief Lea. Doch Tim schüttelte den Kopf. „Vielleicht behalten wir es lieber für uns. Es ist ein Geheimnis, das nur wir und die Juffer Fey kennen.“
Von diesem Tag an respektierten Lea und Tim die Natur noch mehr. Und jedes Mal, wenn sie die Eichel-Anhänger ansahen, erinnerten sie sich an das magische Abenteuer im Feybachtal – und an die gute Fee, die über alles wachte.
Neuerzählung von Ingo Keller: Weyer – Das Weyerer Märchenbuch (1/9), 2025
Quellenangaben:
Sophie Lange - Sagen der Kakushöhle
Hubert Roggendorf: Mechernich – Altes und Neues zur Heimat- und Pfarrgeschichte, 1929
Gottfried Henßen: Sagen, Märchen und Schwänke des Jülicher Landes, Bonn 1955
Gerhard Mürkens: Die Ortsnamen des Kreises Euskirchen, Euskirchen 1958
Klaus Krüger: Satzvey – ein Wohnsitz an der Vey. In . In: Heimatkalender Kreis Euskirchen 1972
Klaus Krüger: „Bei Tau und Nebel am fließenden Wasser“ Juffernsagen des Veybachtales und ihre Hintergründe. In: Kreis Euskirchen Jahrbuch 1992