Die Grundherren besaßen das Recht, von ihren Hörigen und Frondienstpflichtigen den zehnten Teil ihrer landwirtschaftlichen Erzeugung zu fordern. Man unterschied danach den ..großen" Zehnten von harten Halmfrüchten (Roggen.Weizen usw.) Wein. Holz, Heu, Flachs usw., den „kleinen" oder „Grünzehnten" von Futterkräutern und Gartenerzeugnissen, den ..Blutzehnten" von Haustieren und den „Rottzehnten" von neukultiviertem Land. Ein Teil des Zehntaufkommens wurde zum Unterhalt den Kirchen und Geistlichen Patronatsherren und Pfarrgeistlichen zugewiesen. Eine besondere harte Abgabe stellte die „Kurmud" dar. Sie war beim Sterbefall der Inhaber von Kurmutsgütern zu erbringen. Hierbei fiel das beste Stück Vieh (bestes Quick) dem Grundherrn zu.
Wer und in welchem Umfang besaß im Kirchspiel Weyer Zehntrechte?
Bis zur Neuordnung der Pfarrbezirke durch die napoleonische Gesetzgebung im Jahre 1804 bildeten die Ortschaften Weyer, Bergheim. Dreimühlen, Eiserfey, Kallmuth. Lorbach, Urfey, Vollem, Vussem und der untergegangene Hof Königsfeld das Kirchspiel Weyer.
Den größten Anteil an den Zehntrechten besaßen demnach die Grafen und späteren Herzöge von Arenberg. Sie besaßen auch das Patronatsrecht der Kirche in Weyer. Die Arenberger waren berechtigt, Vorschläge zu Besetzung der Pfarrstelle zu machen. Die Verknüpfung von Zehnt- und Patronatsrecht läßt daraufschließen, daß die Kirche in Weyer einst als grundherrliche Eigenkirche entstanden ist. Die Arenberger besaßen in Weyer einen Fronhof, der am Ausgang des Ortes in Richtung Zingsheim lag.
Weiter schreibt Antonius Heid:
„Desgleichen bekennen wir auch den Herrn von Schmidtheim ein Viertel durch das Kirchspiel Weyer, vorbehalten dem Junker Bitzfeld (Pützfeld) zu Callmuth das Viertel daselbst zu Callmuth und Vollem. Hierbei soll der Herr von Schmidtheim den kleinen Zehnten haben und davon das hl.Sakrament ein viertel Jahr beleuchten, noch hierzu den Bau von der Abseite der Kirche zu Weyer (dem Dorf abgewandte Dachseite) im Gedäch halten." Die Herren von Schmidtheim, Ministerialen der Grafen von Blankenheim, durften den Ehrentitel Truchseß der Grafschaft Blankenheim führen, waren mit dem Besitz in Weyer von den Blankenheimern belehnt, die dort Gerichts- und Landesherrenrechte besaßen. Die Schmidtheimer besaßen in Weyer einen Fronhof, im Völksmund „die alte Burg" genannt. Er lag zwischen dem Anwesen Jakobi und Schneider und wurde 1950 wegen Baufälligkeit bis auf die Fundamente niedergelegt und zu Wohnungen umgebaut. Später müssen die Herren von Schmidtheim ihre Rechte an das Schmidtheimer Hospital übertragen haben, denn Pfarrer Schomers bezeichnet im damaligen Rent- und Lagerbuch vom 26.Februar 1747, das Schmidtheimer Hospital als Zehntberechtigten. Die Rechte des Pfarrers gibt Antonius Heid wie folgt an:
Der dem Pfarrer zufallende Zehntanteil bildete einen wesentlichen Teil seines persönlichen Einkommens.
Nach der Übersicht über die Zehntanteile im Kirchspiel Weyer in einer arenbergisehen Rentei-Rechnung für das Jahr 1669 besaßen der Freiherr von Pützfeld 9,38 v.H. und die Herren von Schmidtheim 15,62 v.H. zusammen 25,00 v.H. Anteil an den Zehnten, die dem einstigen Schmidtheimer Viertel entsprachen.
Bei der Zehnterhebung wendeten die Zehntberechtigten häufig ein bemerkenswertes Erhebungsverfahren an. Um sich selbst und ihre Bediensteten von dieser Arbeit zu befreien, ließen sie die Erhebung des Zehnten unter den Pflichtigen selbst meistbietend verpachten. Bei der Versteigerung erhielt der Höchstbietende den Zuschlag mit der Verpflichtung, dem Zehntherrn zu Martini (11.11.) die gebotene Getreidemenge auf den Zehntspeicher zu liefern. Der Ansteigerer, der nun selbst zum Einzugsbeamten geworden war, mußte versuchen, den Zehnt mit Hilfe seiner Familie und seinem Dienstpersonal so vollständig wie möglich von den Zehntpflichtigen einzuziehen. Er trug das ganze Risiko bei Brand, Mißwuchs, Hagelschlag und sonstigen Natureinflüssen. Die Zehntgarben mußte er in seiner Scheune ausdreschen, die eventuell überschießende Menge an Frucht, Stroh und Kaff waren der Lohn für die Arbeit des Einscheuerns und Dreschens und für das übernommene Risiko. Für die Jahre 1751 bis 1753 steigerten die Nachgenannten den Zehnt in den einzelnen Kirchspielorten: Christian Latz in Weyer. Johann Volheim in Eiserfey. Michael Pütz in Urfey, Arnold Püntgen in Vollem, Gerard Schmitz, der Halbwinner in Königsfeld, in Königsfeld und Kallmuth. Johann Rütt, der Schultheiß in Bergheim, in Vussem und Bergheim und Jacob Fünfzig in Lorbach.
Wie aus den Unterlagen im Pfarrarchiv hervorgeht, bediente sich auch die Geistlichkeit von Weyer zeitweise (Pfarrer Bolmes und Schomers) des erwähnten Eintreibungsverfahrens für ihren Zehnten. Im Unterschied zu den anderen Zehntberechligten verlangten sie vom Ansteigerer keine Frucht, sondern Pachtgeld. Hierbei verlangte Pfarrer Schomers 1729 vom Ansteigerer Peter Kurth. in Urfey für den Zehnten in Urfey 12 1/2 Kopfstücke mehr als zur Amtszeit von Pfarrer Bolmes. Der Zehntertrag in Urfey muß demnach sehr einträglich gewesen sein, denn Peter Kurth steigerte trotz Erhöhung des Pachtgeldes den Pfarrzehnt in Urfey bis 1736 neu.
Für das Jahr 1737 steigerten die Nachgenannten für fünf Jahre den Pfarrzehnt. Für die Orte Urfey Johann Stoffels und Peter Sistig aus Urfey, für Bergheim Peter Giesen aus Eiserfey.