#weyereifel
    Bürgerhaus Weyer
    Sanierung der Hauptstraße / Bis 2025
    Weyer in der Eifel
    Feuerwehrgerätehaus Weyer
    Pfarrkirche St. Cyriakus
    Kriegerdenkmal und Jubiläumsstele

    Am 22. Juli 1885 hatte in Euenheim ein großes Sängerfest stattgefunden, an dem unter zahlreichen anderen Vereinen auch der „Cäcilien" Gesangverein von Weyer teilgenommen und sich im friedlichen Wettstreit recht wacker geschlagen hatte. In gehobener Stimmung fuhren die Weyerer Sänger auf einem Leiterwagen heim. Als sie das langgestreckte große Dorf Kommern durchfuhren, wurde ihre Freude über das gelungene Fest jäh gestört. Es handelte sich aber nicht um einen Überfall neidischer Sänger. Die Weyerer hatten vielmehr unter ihren Mitgliedern einen Grubenaufseher vom Mechernicher Bleibergwerk, der unter den Kommerner Bergleuten nicht beliebt war. Ihm galten die Steinwürfe, die plötzlich auf den durchfahrenden Wagen nieder¬sausten. Die Weyerer Sänger suchten Deckung unter den aufgespannten Regenschir¬men, und spornten das Pferd des Leiterwagens zu schärfster Gangart an, konnten aber nicht verhindern, daß ein Unschuldiger, und zwar der Küster von Weyer, durch einen Steinwurf am Kopf getroffen und ernstlich verletzt wurde. Im übrigen lief die Sache glimpflich ab. Aber sie hatte ein böses Nachspiel.

    Die Polizei nahm sich der Angelegenheit an und die Staatsanwaltschaft erhob Klage gegen sieben junge Bergarbeiter und einen Schumacher aus Kommern wegen Land¬friedensbruch. Das hatten die Überfallenen Weyerer natürlich nicht gewollt. Aber der rächenden Nemesis konnte nicht mehr in den Arm gefallen werden, und so kam die gestörte Sängerfahrt am 10. April 1886 vor der Bonner Strafkammer zur Verhand-lung. Allen Beteiligten fiel ein Stein vom Herzen, als das Gericht die schwere Ankla¬ge wegen Landfriedensbruch fallen ließ, und die Übeltäter nur wegen groben Unfugs zu zwei bis vier Wochen Haft verurteilte. In beiden Dörfern war man über diesen glücklichen Ausgang der bedauerlichen Angelegenheit von Herzen froh.

    Euskirchener Volksblatt 11.4.1936


     

    Als am Bleiberg noch jeder nach Erz suchen durfte, stand bei Keldenich ein Schacht, den die Bergleute beim Einfahren in das Erdinnere benutzen mußten, Eine Fahrt (Leiter) führte von oben bis unten, von ihr aus konnte man seitlich in die verschiedenen Stollen abzweigen. Unter den Männern, die dort Tag um Tag herunterkletterten, gehörte auch ein Bergmann aus Weyer, der von Kobolden und Berggeistern, so oft die Bergleute das Gespräch darauf brachten, nichts wissen wollte. Eines Tages sollte er zu „Fassong" gebracht werden.

    Auf der Plattform einer Sohle geisterte ihn eine Gestalt in weißem Gewand mit glühenden Augen an, als er die lange Schachtleiter hinunterstieg. „Hier kommt ein Geist, von dem niemand weiß, dem hat Gott befohlen, er soll den Kerl holen", klang es dem Bergmann hohl entgegen. Dieser aber nicht faul, ging dem zurücktretenden Geist nach und verarbeitete ihn mit einem kräftigen Bergstock derart, daß er „Auh und Wehe" schrie. „Dann soll de Düvel dich Lode von nem Jees holle", schrie er dem Fliehenden nach, drehte sich dann um und stieg tiefer ins Erdinnere, als ob nichts geschehen wäre. Der andere hat nie mehr Lust verspürt, die Rolle des Berggeistes zu übernehmen.


     

    Entweihter Weihestein als Altarstein in Weyer

    Auszug aus dem Buch: Wo Göttinnen das Land beschützten

    von Sophie Lange

    Dass auch in unserer Zeit noch bemerkenswerte Matronenfunde gemacht werden, zeigte sich 1991, als unter dem Altar der Weyerer Pfarrkirche (Stadtgebiet Mechernich) ein gut erhaltener Matronenstein zum Vorschein kam.

    Schon mehrmals hatte man in früheren Zeiten in Altären christlicher Kirchen römische Götteraltäre gefunden. So fand man zum Beispiel 1812 beim Umbau der alten Tondorfer Kirche einen Viergötterstein, dem man leider wenig Beachtung schenkte und in die Grundmauern einbaute. Die dem Braunkohleabbau geopferte alte Kapelle Vilvenich bei Düren beherbergte einen Matronenstein, der der Kapelle eine besondere Bedeutung verlieh.1 In der Außenmauer der Euskirchener Martinuskirche ist ein Matronenstein eingebaut, ebenso in der alten Kapelle von Billig. Zwei Inschriftensteine an die Matronen kann man noch in der Kapelle Marienborn in Zülpich - Hoven sehen. Ob man durch die Zweitverwendung der alten Göttersteine den Sieg des Christentums über das Heidentum demonstrieren wollte oder ob man nicht ganz auf die alten Götter verzichten wollte, sei dahingestellt.

    Überlegungen dieser Art wurden 1991 in Weyer aktuell, als man innerhalb von umfassenden Renovierungsmaßnahmen in der Sankt-Cyriakus-Kirche am 4. Februar unterhalb des Altaraufbaus auf Bruchstücke eines Wege- und eines Grabkreuzes stieß. Für Überraschung sorgte schließlich ein 12 Zentner schwerer Quaderstein. Als man diesen umdrehte, entpuppte er sich als gut erhaltener Altarstein mit Matronenbild und Inschrift Der Altarstein war den vacallinehischen Matronen geweiht.

    Die drei Göttinnen sitzen wie üblich in ubischer Festtagstracht in einer Ädikula. Auffallend ist, dass der Kopf der mittleren Figur regelrecht abgegriffen wirkt, was auch bei anderen Matronensteinen zu beobachten ist. Für dieses Phänomen gibt es mehrere Erklärungsversuche. Es kann sein, dass Menschen ehrfurchtsvoll das Gesicht berührt haben und durch Schweißrückstände bei diesem „Fingerabdruck“ der Kalkstein zersetzt wurde. Eine andere Theorie hält es für möglich, dass man den Kalk abkratzte, um den Kalksand für Heilungs- und Fruchtbarkeitsriten zu nutzen. Verschiedentlich wird die Theorie vertreten, dass während der „Heidenverfolgung“ die Köpfchen zerschlagen wurden, um den Göttinnen „das Gesicht zu nehmen“. Bei dem Weyerer Stein sieht das abgegriffene Köpfchen allerdings nicht nach einer Zerstörung aus.

    Der Stein aus der Weyerer Kirche ist 109 cm hoch, 68,5 cm breit und 30 cm tief. Das Steinmaterial stammt aus den Steinbrüchen von Pont-à-Mousson an der französischen Obermosel. Auch bei anderen römischen Funden (Grabwandungen) stammt Steinmaterial aus diesen Steinbrüchen. Es stellt sich die Frage, wieso man diese schweren Brocken von so weit her holte, da es doch in der Nähe genug Steinbrüche gab.

    Auf dem Schoß tragen die vacallinehischen Matronen Schalen mit Früchten. An den Schmalseiten ist je ein Baum eingemeißelt. Stilistisch ist der Weihestein dem ausgehenden zweiten Jahrhundert zuzuordnen.

    Die Inschrift ist in der bekannten Form abgefasst. Übersetzt lautet sie: „Den Matronen Vaccalinehae hat Lucius Caldinius Firminius gern nach ihrem Verdienst sein Gelübde erfüllt.“ Der Name Caldinius war bereits als Stiftername von einem im Heidentempel Pesch gefundenen Matronenstein bekannt. In diesem Namen sieht man eine Verbindung zu dem Ort Keldenich bei Kall. Caldinius ist allerdings ein häufiger Vorname und auch von anderen Fundorten (Bonn und Köln) belegt.

    Vor dem Einbau in den Altar war der Weihestein „ent“weiht worden. Davon zeugen auf der Rückseite in den Ecken vier eingeschlagene Kreuze und in der Mitte eine abgestufte Vertiefung, die zur Aufnahme von Reliquien gedient haben mag. Wann dies geschehen ist, lässt sich nicht feststellen. Man ist sich jedoch sicher, dass der Matronenstein in einer Drittverwendung zu einem christlich–getauften Heidenstein umgewandelt wurde, quasi christianisiert wurde. Der Herkunftsort wird im Heidentempel Nöthen/Pesch zu suchen sein. Das Originalmonument ist nach einer Untersuchung des Landesmuseums zur Weyerer Kirche zurückgekehrt. Ein Abguss wurde im Dorf, am Fuße des Kirchbergs aufgestellt, je eine weitere Kopie in Bad Münstereifel (Apothekenmuseum), an der Antweiler Kirche, im Dorf Pesch und im Tempelbezirk auf dem Addig.

    Der Volksüberlieferung zufolge soll die Pfarrkirche von Weyer auf den Grundmauern eines römischen Tempels stehen, der vielleicht sogar ein keltisches Heiligtum als Vorläufer hatte. Reste einer Cella lägen unter dem Chor, erzählt man sich im Dorf. In den 1980er Jahren ging das Rheinische Amt für Bodendenkmalpflege diesen „Legenden“ nach. Als in dem Kirchenraum eine Heizungsanlage eingebaut wurde, legte man Ausschnitte eines fränkischen Gräberfeldes frei, fand aber keine Hinweise auf römische Vorgängerbauten oder auf ein keltisches Heiligtum.

    Ganz anders sehen da radiästhetische Messungen aus, die der Geobiologe Wilhelm Brüll aus Dreimühlen 1990 vor(!) der Freilegung des Matronensteins in der Weyerer Pfarrkirche durchführte. Er konnte nicht nur einen „Ort der Kraft“ in unmittelbarer Nähe des späteren Fundortes ausmuten, sondern auch den vermuteten Grundriss einer vorrömischen Kultstätte erkennen: ein Rechteck von sechs mal acht Meter und einer Stärke der Umfassung von 0,80 Meter.2

    In der Nähe der Kirche von Weyer liegt die Kartsteinhöhle, in der Menschen bereits seit Urzeiten Schutz vor den Umbilden der Natur suchten. Im Volksmund kennt man für die Höhle die Namen Kakushöhle, große Kirche und Kinderhöhle. Die Sage erzählt von der Göttin Helic: „Es ist schon lange her, da waltete in den Höhlen des Kartsteins die Göttin Helic. Diese Göttin rief auf geheimnisvolle Weise die Kinder ins Leben. Aus einem verborgenen Raum tief im Innern der Höhle – dem Herzen der Mutter Erde – holte sie die Menschenkinder hervor. Die unterirdischen Quellen und Bäche gaben das lebensspendende Wasser.“33

    Sehr nachdrücklich behaupten bis heute die Bewohner von Weyer und Umgebung, dass ein unterirdischer Gang von der Weyerer Kirche zur Kartsteinhöhle führe, so dass man sich jederzeit hätte zurückziehen können. Auch dieser Überlieferung gingen die Denkmalschützer nach und fanden „das Ende einer Legende“: „Bei einigen Kirchen mögen diese Sagen einen realen Hintergrund haben: Die Untersuchung der römischen Wasserleitung von der Eifel nach Köln, vor allem in dem Abschnitt bei Breitenbenden, zeigte, dass der Kanal an einigen Stelle bis heute begehbar ist und so den Anlass für die Sagenbildungen geben konnte.“4

    Allerdings ist diese Begründung wenig befriedigend, denn der Römerkanal führt in einiger Entfernung an Weyer vorbei. Auffallend ist, dass unabhängig voneinander in Kallmuth, Urft und Nettersheim von unterirdischen Gängen erzählt wird, die von diesen Orten ausgehend alle an der Weyerer Kirche ans Tageslicht führen sollen, womit dem Terrain dann doch eine gewisse Sonderstellung zukommt. Es ist denkbar, dass sich ein Wissen von einer imaginären, mythischen Beziehung zwischen diesen Orten erhalten hat, wobei in der Volksfantasie das unsichtbare Band zu unterirdischen Gängen geworden ist. Andere Deutung erinnert daran, dass die keltischen Druiden an besonderen Plätzen unterirdische Schächte anlegten, wo sie sich zur Meditation zurückziehen konnten.

    Höhlen waren in Vorzeiten magische Kulträume. Höhle und Dom haben etwas Urverwandtes. Der Dunkelpart der Höhlen und damit der Unterwelt wurde durch heilige, helle Höhenplätze kompensiert. Trafen Menschen sich unter der Erde zu einem Ritual, so hielten andere Menschen auf einer Höhe Wache. So hält man es für möglich, dass durch die Verehrungsstätten in Weyer und auf dem Addig in Pesch ein Ausgleich zu der großen Höhle des Kartsteins geschaffen wurde, denn Höhlen waren in das Verbundnetz der Kultplätze einbezogen und durch Pilgerpfade miteinander verbunden.5

    Von den landschaftlichen Schönheiten rund um Weyer sei vor allem der Eulenberg bei Urfey/Vollem genannt, der einen einmaligen Rundblick ins Land beschert. Der Name kommt nicht von Eule, sondern eher von dem germanischen alah = heiliger Hain, geweihte Stätte. Eulenberge gibt es im Zülpicher Matronenland in Geich und bei Sinzenich. Vom Eulenberg bei Urfey/Vollem hat man einen freien Blick auf die Kirche in Weyer. Ein regelrechter Initiationsweg führt von der Spitze des Eulenbergs über zwei kleine Kuppen zu dem fast 500 m hohen Lichtertberg, der mit dem keltischen Lichtgott Lug in Zusammenhang gebracht wird. Zwischen diesen Hügelzügen und der hochgelegenen Weyerer Kirche schlängelt sich der Feybach. Er führt zu den fachinehischen Matronen.

    1 www.sophie-lange.de
    2 Wilhelm Brüll: Spuren keltischer Religion und Mythologie bei Weyer
    In: Kreis Euskirchen Jahrbuch 1991
    Siehe auch unter: www.ruediger-weyer.de/orte/mythologie.html
    3 www.sophie-lange.de/Kakushoehle/10.htm
    4 Winfried Maria Koch: St. Cyriakus in Weyer – das Ende einer Legende.
    5 Sophie Lange: Pfade zwischen Höhlen und Tempeln.
    In: Kölnische Rundschau, Eifelland. 14.03.1990
    Siehe auch: www.sophie-lange.de/matronenkult/4 kultpfade.htm


     

    Der ewige Jäger

    Wer einmal dem ewigen Jäger begegnen möchte, der muss in mondhellen Nächten durch die Eifeler Wälder streifen. Dort kann er ihn treffen.

    Zu den beliebsteten Jagdgründen des gespenstischen Weidmanns gehört der geheimnisvolle Weyerer Wald zwischen Keldenich, Urfey und Weyer. An den schroffen Felsen „boven zur Ley“, am Donnermaar, an den steinalten Hügelgräbern, am Weyerer Hermes- und Breiberg, am Dotteler Ravelsberg, am Keldenicher Hagelberg, am Vollemer Eulenberg, am Lorbacher Lichtertberg, am Kallmuther Pflugberg, im Urfeyer Paradies, im Keldenicher Königsfeldertal – dort überall hat er sein Jagdrevier. Begleitet von seinem struppigen Hündchen muss er umherirren, immer auf der Pirsch, ruhelos, gejagt, verdammt für alle Ewigkeit.

    Wie es dazu kam, erzählt man sich in den Dörfern an der Kakushöhle folgendermaßen: In der Keldenicher Flur gibt es eine Stelle, die heißt auf dem Königsfeld. Vor langer Zeit soll hier eine Burg gestanden haben, vielleicht war es ein Königshof, eine sogenannte Pfalz. Nun lebte einmal auf dieser hehren Feste eine fromme Burgfrau, deren einziger Sohn ihr allerdings in keiner Weise nacheiferte; im Gegenteil, er kümmerte sich weder um Gott noch sein Gebot. Sein Leben und Streben gehörte ausschließlich der Jagd, und sein Herz war erfüllt vom Weidwerk in Gottes freier Natur. Wenn die Mutter wie alle tugendreinen Keldenicher sonntags die heilige Messe besuchte, lachte er nur spöttisch. Besessen von seiner Jagdleidenschaft ging er lieber auf die Jagd als in die Kirche.

    Eines Sonntags, als es in Keldenich gerade zum Hochamt läutete, nahm der Nimrod wieder das Gewehr von der Wand und wollte sich aufmachen in den Weyerer Wald. Da wurde seine Mutter sehr traurig und klagte: „Ach, mein Sohn! Sonntag für Sonntag versündigst du dich, da du die heilige Messe versäumst.“ Als der Sohn nur hämisch lachte, wurde sie ärgerlich und rief zornig: „Dann geh doch auf die Jagd, du missratener Nichtsnutz! Ich wünsche, dass du jagen mögest für immer und ewig, bis zum Jüngsten Tage.“

    Nun hatten damals Wünsche und Flüche große Macht und trafen meistens zu. Darum musste man sich dreimal überlegen, was man sich wünschte und wen man verfluchte. Und obwohl die Mutter ihre Worte nicht ernst gemeint hatte, ging die Drohung in Erfüllung. Der Sohn kehrte am Abend nicht in die Burg zurück, und auch nicht am nächsten Tag und nicht am übernächsten und niemals mehr.

    Die Burg auf dem Königsfeld ist längst untergegangen; keine Menschenseele weiß wann und wodurch. Doch der ewige Jäger geistert noch immer durch das Weyerer Waldgebiet. Viele Leute aus der Umgebung haben die Spukgestalt gesehen und einige sind bei dem Anblick vor Schreck tot umgefallen. In stürmischen, kalten Regennächten, in denen man keinen Hund vor die Tür jagen würde, hört man jammervoll sein Hündchen winseln: „Japp, japp!“

    Gottfried Henßen: Sagen, Märchen und Schwänke des Jülicher Landes, Bonn, 1955 Seite 61, Nr. 59


     

    Der „Kreuzweg“ führt von Weyer bis zur L 206, überschreitet also die Gemeindegrenze Mechernich-Weyer und Nettersheim-Zingsheim, ohne seinen Namen zu ändern. Auf der heutigen L 206 kreuzten sich einst die Straßen von Zingsheim nach Keldenich mit der alten „Königsstraße“ von Weyer nach Dalbenden. Diese alte „Königsstraße“ ist heute nur zum Teil erhalten.

    Ob der Name „Kreuzweg“ nun von dieser Kreuzung herrührt oder von einem Kreuz mag dahingestellt sein. Bekannt ist, dass einst an den Kreuzungswegen eine Antoniuskapelle stand. Auf der Tranchotkarte von 1809 ist dieses Kapellchen als Ruine eingetragen: „Tonus Hausken Cap. Ruinée“. Auf einer Landkarte von 1893 ist der geweihte Raum nicht mehr aufgeführt.

    Die alte Wegkreuzung am „Kreuzweg“ an der L 206 spielt in den Sagen vom Farnsamen eine magische Rolle.
     
    Der Farnsamen
    Zwischen Zengzem on Keldenich es e Jemüesch, do stond e Tönneshüüsche (eine Antoniuskapelle) an nem Krützwäg. Os Aale verzahlte, du kregte se vam Düvel Faasoom (Farnsamen). Dann wore se su stärk wie se wollte. Zwei Jonge wore ooch do jewäs on hotte sich Faasoom jevve losse. Dr eene ös frei, dr angere ävver woe däm Düvel verfalle, deä hätt öm mötjehollt.

    Erzählt um 1900 von Hermann Müller aus Engelgau, veröffentlicht in dem Buch von Gottfried Henßen: „Sagen, Märchen und Schwänke des Jülicher Landes,“ 1955, Nr. 111 b
    Von einer alten Besiedlung am Kreuzweg erzählen Hügelgräber „an der Donnermaar“ im Weyerer Wald (alte Bezeichnung „bowen zur Ley“).
     
    Auf Weyerer Gebiet verdient ein Bildstock am Kreuzweg besondere Beachtung, das Markushäuschen.
    Hoch über dem Dorf Weyer (Stadt Mechernich/Kreis Euskirchen) steht am Kreuzweg das Markushäuschen, ein alter Bildstock aus dem Jahr 1749.
     
    Eine große Kastanie leistete dem Markushäuschen Gesellschaft und sommers wie winters treibt der Eifelwind sein munteres Spiel in der Krone des Baumes.
     
    Seinen Namen hat das Markushäuschen von der Statue des heiligen Markus, die es in seiner Nische birgt. Am Markustag, dem 25. April, geht noch heute eine Flur- und Bittprozession von der Pfarrkirche des Dorfes Weyer zum Markushäuschen, um Segen für das Dorf und die Felder ringsum zu erbitten.
    Von diesem einsamen Platz aus bietet sich eine einmalige Aussicht auf die Höhen der Eifel, die der näheren Umgebung und bis zum Michelsberg bei Bad Münstereifel.
     
    Bei klarem Wetter mit guter Fernsicht aber reicht der Blick bis nach Köln, der Kölner Dom und der Fernsehturm Colonius sind gut zu erkennen. Man kann, wie ein Eifeler Sprichwort sagt „sehen, was in Köln die Butter kostet“. Aus der Ferne grüßt ebenfalls das Siebengebirge mit seinen Höhen und die weißen Gebäude des Hotels auf dem Petersberg.

    Text: Martina Schäfer, Nettersheim
     
    Einen anderen Aussichtspunkt erreicht man vom Kreuzweg zum Brehberg. Dieser 525 m hohe Berg ist die höchste Erhebung im Gebiet der Stadt Mechernich. 1996 wurde dort ein eichenes Kreuz aufgestellt. Neueren Datums ist der Aussichtspunkt „Eifel-Blick“, der vom Brehberg aus einem imposanten Blick auf Weyer und das anschließende Land bietet. In unmittelbarer nähe zum Eifel-Blick befindet sich der geografische Mittelpunkt des Kreises Euskirchen.

    aus: Sagen der Kakushöhle

    von Sophie Lange

    Wandert man von der Kirche in Weyer in Richtung Kallmuth, so kommt man ins Feybachtal. Folgt man dem Bach in Richtung Urfey, so findet man im Paradies das Quellgebiet des Feybachs.

    Hier beginnt das Reich der Juffer Fey. Die "Jungfrau Fee" hat ihren Hauptsitz in einem Kalkfelsen in der Nähe ihrer Quellarme, die sie fürsorglich unter ihre Fittiche nimmt, "damit die Quelle nicht aufhöre zu sprudeln und köstliches. Wasser zu liefern." Neben dem Quellgebiet beschützt die gute Fee den ganzen Bachverlauf, das Tal, die nahen Felder und Wiesen, die Wälder und Hügel sowie die umliegenden Dörfer mit ihren Menschen und Tieren.

    Fey oder Vey?

    Unterstützt wird sie von ihren sieben Töchtern. Jeder einzelnen hat sie einen Sitz zugewiesen: Urfey, Eiserfey, Feyermühle, Burgfey, Katzvey, Satzvey und die Burg Veynau. Nicht nur die Ortsnamen sondern auch der Bach selbst wird unterschiedlich geschrieben: Feybach oder Veybach. Ausschlaggebend ist dabei, ob der Bach oder die anliegenden Orte im ehemaligen Regierungsbezirk Aachen oder Köln liegen. Im Aachener Gebiet war die Schreibweise "Fey" üblich, im Kölner Raum "Vey". Die Herkunft des Namens kann die Schreibweise beeinflusst haben. So wird die Vey als eine jungsteinzeitliche Bacina - die Eilende - gesehen, wobei sich das B zum V entwickelt hat. Andererseits hat der Feybach nachweislich mit den Matronae Fachinehae zu tun, die man in Zingsheim und bei Euskirchenn / Euenheim in der Nähe des Bachs verehrte. Die fachinehischen Matronen wurden - wie auf Matronensteinen eindeutig nachzulesen ist - mit F geschrieben. Auf alten Landkarten steht auch schon mal Fay (z.B. Tranchotkarte: Urfay, Eiserfay). Die Juffer Fey schreibt sich meist mit F, so dass für diesen Bericht auch die Schreibweise Feybach gewählt wurde.

    Juffer Fey

    Unablässig streift die Juffer Fey durch die Wälder, wandelt durch neblige Flusstäler und schwebt über hügelige Höhen. Die Stille des Waldes ist ihr heilig. Jeden, der diese Ruhe stört, führt sie in die Irre, so dass er nicht mehr den Weg aus dem Dickicht findet. Wer sich aber der Natur in Ruhe und Ehrfurcht nähert, hat von der Fee nichts zu befürchten. Die Juffer Fey zeigt sich in unterschiedlichen Gestalten. Als wogende Nebelgestalt erscheint sie als stolze Jungfrau oder als altehrwürdige Matrone. Oftmals nimmt sie die Gestalt eines Tieres an: Reh oder Hase, Katze oder Eichhörnchen, Marder oder Wiesel.

    Wenn im Herbst die ersten Blätter von den Bäumen fallen, feiert die Juffer Fey ein großes Fest, zu dem sie alle Feen einlädt. Dann haben die Menschen im Feytal nichts zu suchen und werden ermahnt:

    Opgepass
    und nit gelaach,
    hück ist aller Feyen Dag.
    Urfeyer Tal

    Von dem Quellgebiet des Feybachs ist auch folgendes überliefert: Im Urfeyer Sack oberhalb Urfey hat die Juffer Fey ihren Wohnsitz. Die Leute haben nicht gerne mit ihr zu tun, denn sie treibt viel Schabernack und Unfug. Trifft sie in der abendlichen Dämmerung noch Wanderer an, so erschreckt sie diese durch allerlei Geräusche und Erscheinungen. Immer wieder taucht sie unvermutet irgendwo auf, von der Quelle bei Urfey bis zur Mündung in die Erft bei Euskirchen. Nie kann man vor ihr sicher sein.

    Römerkanal

    Der Feybach begleitet ein gutes Stück den Römerkanal. Jahrhunderte hindurch ist den Menschen Zweck und Sinn dieses im Boden liegenden Kanals verborgen geblieben. Dass Menschenhände ihn erbauten, schien ihnen unvorstellbar. So ein Meisterwerk konnte nur der Teufel höchstpersönlich vollbringen, darum nannten sie das geheimnisvolle Bauwerk Teufelsader. In der Nähe der römischen Wasserleitung spuken auch die sagenhaften Juffern.

    Pflugberg/Lorbach

    Auf dem Pflugberg bei Lorbach soll einst eine römische Warte gestanden haben. Auch von einem eingesunkenen Schloss weiß der Volksmund: Auf dem Pflugberg hat vor langer Zeit ein gutherziger Ritter gewohnt, der Armen und Schwachen gerne seinen Schutz verlieh, so weit es seine Macht gestattete. Dieser Ritter wurde von seinem bösen Burgnachbarn in Dottel sehr bedrängt und schließlich in seiner Burg belagert. In der größten Not entdeckte der angegriffene Ritter im Burghof einen schachtähnlichen Erdspalt, der sich bis ins Feytal erstreckte. Durch diesen unterirdischen Gang gelang ihm mit seiner Familie und seinen Getreuen die Flucht. Die Feinde hatten kaum die Burg mit Siegesgeschrei in Besitz genommen, als die verlassenen Gemäuer mit einem Riesengetöse zusammenbrachen und in der Erde versanken. Alle Menschen, die auf der Burg waren, wurden unter den Trümmern begraben.

    Ein unterirdischer Gang soll der Volksüberlieferung nach auch von der Kakushöhle zur Weyerer Kirche und von dort nach Kallmuth geführt haben. Andere mythische Verbindungen ziehen sich sowohl von Urft als von den Mannenberger Höhlen bei Nettersheim bis zur Kirche in Weyer.

    Hombusch

    Der Feybach tränkt noch die untersten Bäume des Hombusches (zwischen Feyermühle und Katzvey). Hier spukte die Juffer Fey besonders gern und erschrak alle, die den Wald betraten. So versuchten die Menschen ihr aus dem Weg zu gehen. Aber die Juffer Fey fand sie doch und tauchte plötzlich irgendwo aus dem Waldesdickicht auf. Auch hier erschien sie sowohl als altes „Möhnchen“ als auch als schöne Jungfrau, manchmal kam sie in Gestalt eines Hasen oder eines Rehs.

    Satzvey

    Zwischen Satzvey und Burg Veynau ist in dem Wiesental eine sumpfige, mit Bäumen und Gesträuch, Binsen und Schilf bewachsene Stelle, welche die Flurbezeichnung Jufferfey trägt. Dort sollen vorzeiten zwei Jungfrauen eine Burg bewohnt haben. Von der Burg bis zum Billiger Knipp an der rechten Talseite sollen sie eine Brücke errichtet haben; andere wollen wissen, es sei nur ein Seil gewesen, das sie zu gewissen Zeiten über das Tal gespannt hätten. Die Burg soll mit allen Insassen eines Tages versunken sein. Die Stelle ist sehr verrufen, denn die Juffer Fey geht an der Stelle um.

    Andere sagen, an der Jufferfey habe früher ein Kloster gestanden, in dem eine Jungfrau namens Sophie (Fey) Oberin war. Das Kloster sei versunken und nur eine Quelle übrig geblieben.

    Nach der Aussage wieder anderer Gewährsleute soll das Kloster hoch oben auf dem Berg gestanden haben. Aus der Quelle im sumpfigen Tal pflegte die Oberin zu trinken. Eines Mittags stieg sie wie gewöhnlich mit ihrem Esel zur Quelle hinunter. In der unergründlichen Tiefe ertrank sie gemeinsam mit dem Tier. Seit der Zeit geht dort ihr Geist als Juffer Fey um.

    Durch neue Ausgrabungen an den Katzensteinen (Nähe Römerkanalrelikte) gibt es hier Hinweise auf die Verehrung der Matronen (neben Diana) in einem kleinen Tempel.

    Strafe und Belohnung

    Von der Schutzfunktion der Matronengöttinnen, die die Ahninnen der Juffern der Sagenwelt sind, ist bei den Juffern am Feybach nicht viel übriggeblieben. Hier wird mehr eine strafende Funktion betont. So duldet die Fey nicht, dass man ihre Schützlinge, die Tiere ihres Waldes, verfolgt, sie mag auch kein Schreien und Lärmen in ihrem Reich. Sie kann sonderbar strafen. Einer wollte einen fetten Hasen fangen, der - in die Enge gejagt - nicht mehr entweichen konnte. Als aber der Bursche zugriff, fasste er in dorniges Gestrüpp, der Hase war weg und der Junge hatte blutende Fäuste. Und wer einen Vogel etwa mit einem Stein verscheuchen will, sehe sich vor. Der Stein kann zurückkommen und seine Stirn treffen. Ja, die Fey straft auf ihre Art.

    Gute und pflichttreue Menschen, die den Waldfrieden heilig halten und somit die Juffer Fey als Schutzgöttin anerkennen und ehren, können sich des Schutzes der guten Fee sicher sei. Solchen Menschen nähert sie sich gern als freundliches Wesen und dankt ihnen mit Segen über ihr Tun und Wirken.

    Wer lärmend und jauchzend den Wald durchzieht,
    macht ringsum verstummen der Vöglein Lied.
    Nur ihren Getreuen mit schweigendem Mund
    gibt Göttin Natur die Geheimnisse kund.
    (Alte Spruchweisheit der Jägerei )

    Quellenangaben:

    Hubert Roggendorf: Mechernich – Altes und Neues zur Heimat- und Pfarrgeschichte, 1929
    Gottfried Henßen: Sagen, Märchen und Schwänke des Jülicher Landes, Bonn 1955
    Gerhard Mürkens: Die Ortsnamen des Kreises Euskirchen, Euskirchen 1958
    Klaus Krüger: Satzvey – ein Wohnsitz an der Vey. In . In: Heimatkalender Kreis Euskirchen 1972
    Klaus Krüger: „Bei Tau und Nebel am fließenden Wasser“ Juffernsagen des Veybachtales und ihre Hintergründe. In: Kreis Euskirchen Jahrbuch 1992


     

    aus: Sagen der Kakushöhle

    von Sophie Lange

    Im Volksmund hat die Kakushöhle auch den Namen Kinderhöhle, um die sich ebenfalls eine Sage spinnt. Sie lenkt den Blick auf alte Naturreligionen, bei denen Höhlen als heilige Orte galten. Die Germanen dachten sich in einer unterirdischen Halle tief unter den Wurzeln einer riesigen Esche das Reich der Göttin Hel. Diese war die Herrscherin über Erde, Himmel und Unterwelt. Eigenmächtig konnte sie über Geburt, Tod und Wiedergeburt entscheiden. In späterer Zeit erstarb der Glaube an die dreifaltige Göttin. Nur als Märchenfrau blieb Hel unter dem Namen Frau Holle bekannt.

    Die hiesigen Höhlen erinnerten die Menschen an diesen Urglauben. So verlegten sie das Reich einer Göttin Helic hierhin und erzählten folgende Geschichte:

    "Es ist schon lange her, da waltete in den Höhlen des Kartsteins die Göttin Helic. Diese Göttin rief auf geheimnisvolle Weise die Kinder ins Leben. Aus einem verborgenen Raum tief im Innern der Höhle - dem Herzen der Mutter Erde - holte sie die Menschenkinder hervor. Die unterirdischen Quellen und Bäche gaben das lebenspendende Wasser. War die Geburtszeit für ein Kind gekommen, so brachte die Göttin es zu den Menschen. Sie schenkte es der Welt. Die Göttin besaß aber auch die Macht, Menschen wieder in die Höhle zurückzurufen. So drohte man in früheren Zeiten unartigen Kindern mit der Kinderhöhle, in welche Helic sie wieder zur Strafe zurückholen würde."

    Die Menschen aus den umliegenden Orten wissen von einem Fluchtweg, denn aus der Tiefe der Höhlen soll sich ein unterirdischer Gang hinziehen, angeblich bis an die auf der westlichen Höhe gelegenen Kirche zu Weyer, an deren Stelle der Volksüberlieferung nach früher ein heidnischer Tempel gestanden haben soll.


     

    Es war im Jahre 1819. Die bewegten Zeiten, wo Kriegsvölker verschiedener Herren Länder unsere Heimat durchzogen, waren vorüber, und der Bürger erfreute sich wieder einer glücklichen Friedenszeit.
    Durch das Rüdesheimer Tor (Euskirchen) schritt um diese Zeit ein Bürger der Stadt, der über eine ansehnliche Körperlänge verfügte. Die kräftige Erscheinung war ganz dazu angetan, besondere Aufmerksamkeit zu erwecken. Auf der Schulter trug der Wanderer einen hydraulich gewachsenen, fast zwei Zoll dicken und vier Fuß langen Eichenknüppel, dessen überragendes Ende mit Strangtabakswürsten behangen war. Rüstig schritt der Schmiedemeister H.N., denn dieser war in der Person des Wandernden zu erkennen, sein Pfeifchen rauchend, durch die Benden der Jülichsmühle zu.

    Der Bendenmüller beschäftigte sich an seiner reparaturbedürftigen „Äerek" (Schleuse), als der Meister, dessen Kunde er war, ihm seinen Gruß entbot. „Aber wo geht die Reise hin ?" forschte neugierig der Müller, „und dazu im Sonntagsstaat?" „Ihr wißt", erwiederte der Meister, „daß ein Teil meiner Angehörigen in der Eifel wohnt. Mein Vater will seine Schmiede und Ländereien in Weyer unter uns Geschwister in Teilung bringen. Diese Angelegenheit ruft mich nach dort, und dann möchte ich meinen Vater bereden, zu mir nach Euskirchen überzusiedeln, da lebts sich jetzt gut nach der Kriegszeit. Übrigens wird er sich auf den guten Tabak freuen, den ich vergangene Woche mir in Köln geholt habe." Bei diesen Worten deutete der Meister auf die Tabaksringe, die an dem Ende des Knotenstocks hingen. Nach kurzem Gruß zog der Meister seines Weges, den Veybach entlang, über Wißkirchen, Veynau und Satzvey. Der schöne Septembertag war dazu angetan, den Wanderer in gute Stimmung zu versetzen. Das Dickicht, welches hier und da das Bett des Veybaches einsäumte, zeigte noch ein kräftiges Grün.

    Schon näherte sich der Wanderer dem Dörfchen Satzvey. Das Kirchlein grüßte von der Höhe herab, und die teilweise mit Strohschindeln gedeckten Dächer machten den Eindruck eines echten Eifeldörfchens. Manchem Bekannten nickte der Meister ein freundliches „Guten Abend" zu ohne sich jedoch in ein Gespräch einzulassen. Es war noch ein gutes Stück Weges bis zum Einbruch der Dunkelheit zurückzulegen, und da galt es ohne Aufenthalt rüstigen Schrittes auszuholen. Der sagenhafte Katzenstein war bald erreicht; jetzt schlug der Wanderer in nächster Nähe einen Waldweg ein, der kurz vor Breitenbenden endete.

    Ein seitliches Rascheln das näher kam, erregte die Aufmerksamkeit des Wanderers, und im selben Augenblick schoß ein prächtiger Rehbock über den Waldweg. „Der hats eilig", dachte der Meister, doch die Ursache der Eile sollte er bald erfahren. Kaum war der Bock seinen Augen entschwunden, als wenige Schritte vor ihm ein riesiger Wolf aus dem Gebüsch sprang, und nach dem verfolgten Rehbock spähte. Die veränderte Situation war dem Wolf gleich klar. Zähnefletschend maß der Wolf sein Gegenüber, der aber kaltblütig und ohne Furcht seine Tabakswürste zur Erde gleiten ließ, mit beiden Händen den furchtbaren Prügel faßte, und nach der linken Seite ausholte, wobei er den Wolf fest im Auge behielt. Nach einigem Zögern ging der Wolf einige Schritte vor, um sich im nächsten Augenblick auf seinen Gegner zu stürzen. Der Angriff sollte ihm aber verderblich werden. Um einen sicheren Schlag zu haben, wählte der Meister einen Seitenhieb, der dem Wolf bei seinem Sprunge die beiden Vorderbeine zerschmetterte. Heulend wälzte sich der Räuber am Boden, jedoch nicht lange, denn ein zweiter Schlag zertrümmerte ihm den Schädel. Stolz betrachtete der Meister seine Trophäe, und stützte sich ausschnaufend auf seinen Knotenstock. Was war zunächst zu tun? Liegen lassen wollte er den Kadaver nicht, jedoch das riesige Tier mitschleppen, war unbequem oder unmöglich. Freilich hatte die Regierung neuerdings eine Prämie von 10 bezw. 12 Reichstaler auf einen erlegten Wolf gesetzt, und die wollte sich der Meister sichern. Es blieb also vorläufig nichts anderes zu tun, als den Wolf vorläufig im Walde zu verstecken, bis sich am nächsten Tage vielleicht Gelegenheit bot, den Kadaver auf ein Fuhrwerk zu bekommen. Ein kleines Eibengebüsch in der Nähe schien ein geeignetes Versteck zu bieten, und ohne sich lange zu besinnen brachte der Meister den toten Wolf, das Tier am Schwänze nach sich ziehend, dort unter.

    Der Meister raffte seine Tabaksringe zusammen, dankte Gott für den glücklichen Ausgang des Kampfes und ging beschleunigten Schrittes Breitenbenden zu. Bei dem einen Abenteuer sollte es jedoch nicht bleiben. Es dunkelte bereits in den Gewannen hinter Breitenbenden, als das scharfe Auge des Wanderers an einem Kreuzwege wiederum eine Wolfsgestalt entdeckte, die ihre grünlch schimmernden Augen nach dem Ankömmling richtete. Überlegend hemmte er seine Schritte. Einen Kampf in der Dunkelheit wollte er ohne Not nicht wagen, sondern ihm ausweichen. Es galt also der Versuch, den Wolf zu verscheuchen. Schnell entschlossen griff der Meister in seinen Kittel, holte Stahl und Feuerstein hervor, und ließ in scharfen Strichen die Funken von dem Steine sprühen. Der geniale Gedanke war von Erfolg begleitet. Mißtrauisch betrachtete der Wolf den feuerspeienden Menschen, machte kehrt, und trottete in die Gemarkung zurück, wo er in der Dunkelheit bald verschwand. „Es ist wahrhaftig nicht mehr geheuer in der Eifel" murmelte der Meister im Weitergehen. „Es wäre notwendig, daß die Bauern wieder regelmäßig ihre Wolfsjagden abhalten/' In seinem früheren Heimatort Weyer war die Wolfsjagd ein Ereignis, das fast alle wehrhaften Männer auf die Beine brachte. Heugabeln, Knüppeln, alte Parti¬sanen und einige Feuersteinflinten machten dann die Bewaffnung der Bauern aus. Wurde ein Wolf zur Strecke gebracht. so freute sich jung und alt im Dorfe, und alles drängte sich nach der Jagd zusammen, um den Wolf zu sehen, der lange ein Schrecken in Feld und Wald gewesen war. Auf Dreimühlen in der Nähe der Kakushöhle erhellte der schwache Schimmer der Öllampe die kleinen Fensterscheiben, als der Meister die Höhe hinanschritt, und bei seinem Schwager, dem Dreimüller Hamacher den Türklopfer fallen ließ. Freudig wurde der späte Gast ins Haus geleitet. Im Herdfeuer flackerten und knisterten die Buchenscheite, und die Funken stoben in den weiten Rachen des offenen Kamins. Am Hahl hing ein großer gußeiserner Kessel, in dem die Abendsuppe brodelte. Dem späten Gast rückte der Dreimüller einen derben Eichenschemel ans Herdfeuer, und dann begann ein lebhafter Austausch über die Familienverhältnisse. Während dessen erprobten Gast und Gastgeber die Qualität des Strangtabaks. Die blauen Wölkchen erfüllten bald den Raum, und die Müllerin war geschäftig, die Abendsuppe aufzutragen. Als der Schwager nach dem Abendessen das Erlebte des Tages schilderte, kannte das Staunen der Zuhörer keine Grenzen mehr, und die jüngeren Familienangehörigen blickten voll Ehrfurcht auf den gewaltigen Onkel, der den bösen Wolf erschlagen hatte. Allerhand Wolfsgeschichten bildeten den Gegenstand der weiteren Unterhaltung. Der Dreimüller wußte manches Stückchen zu erzählen von den Räubereien der schlimmen Waldgesellen. Beim Abschied des Schwagers ließ er es sich nicht nehmen, denselben ein Stück Weges zum nahen Dorf Weyer zu begleiten. Zur völligen Befriedigung des Meisters wurde am nächsten Tage die Familienangelegenheit geregelt. Sein Vater entschloß sich, bei ihm in Euskirchen seine alten Tage zuzubringen. Im Dorfe Weyer kaufte er noch einen Wagen Lohholz, das er zum erwärmen der Radreifen beim Räderaufziehen benötigte. Der Wagen sollte am selben Tag abfahren und unterwegs den Wolfskadaver mitnehmen. Trotz eifriger Absuchung des Eibenbusches konnte derselbe nicht aufgefunden werden, und keine Spur bot einen Anhaltspunkt, welchen Weg er genommen hatte.

    Die Mißstimmung des Meisters über den Verbleib des Wolfes hielt aber nicht lange an. Nachdenklich stopfte er sein Pfeifchen, das er mit Stahl und Feuerstein anbrann¬te, und schritt wohlgemut hinter dem Fuhrwerk her, seiner Heimatstadt zu.

    Theodor Nießen


     

    Der wilde Jäger, die Feytaljuffer und der französische Ritter

    Der Abend sinkt hernieder
    Übers bergige Eifelland;
    Der Sonnenball verschwindet
    Am fernen Himmelsrand.

    Die Vöglein träumen im Neste
    Von Liebe und Sonnenschein;
    Im Geiste verzehren sie nochmals
    Manch feistes Käferlein.

    Frau Eule verlässt ihre Wohnung,
    O Mäuslein nimm dich in Acht,
    Geh' nicht auf verbotenen Wegen
    In mondheller Sommernacht!

    Horch! Schreckliche Töne schallen
    Aus dem nahen Fichtenwald;
    Das Haar sträubt sich zu Berge,
    Den Rücken überläuft es kalt.

    Gewiss ist's der wilde Jäger,
    Er schüttelt den mächtigen Speer,
    und mit ihm durchstreifet die Wälder
    Das ganze wilde Heer.

    Oder ist des Feytals Jungfer,
    Die Ruhe nicht finden kann,
    Bis jede der sieben Töchter
    Geangelt hat einen Mann?

    Ist’s der französische Ritter,
    Der daher kommt wutentbrannt,
    Weil seine Eifelliebste
    Mit dem Andern durchgebrannt?

    Näher kommt das Gespenst jetzt
    Ein Fluch entfährt seinem Mund;
    Hilf Himmel! Es ist nicht geheuer
    Hier um die Geisterstund.

    Und grollend ruft das Wesen:
    "Dich Eifel hab' ich satt!"
    Es ist ein müder Wandrer,
    Der sich verlaufen hat.

    J. H. in: Die Eifel und ihre Nachbargebiete, 28. August 1904

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